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Fester Freier – Was Sie beachten müssen (AGD)

Als »fester Freier« z.B. bei einer Werbeagentur tätig zu sein, erspart einem die Akquise und garantiert regelmäßigen Verdienst. Worauf aber muss man achten, um nicht in die Scheinselbstständigkeit zu tappen? Wie kann man die Mitarbeit anders absichern? Und vor allem auch deren Lukrativität?

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Andreas Maxbauer, Grafikdesigner und Weiterbildungsreferent bei der Allianz Deutscher Designer (AGD) klärt über die Gefahren einer Scheinselbstständigkeit auf, über die Vorteile von Werkverträgen und warum Sie bei der Mitarbeit in einer Werbeagentur keineswegs die Urheberrechte an ihren Arbeiten abtreten müssen – und auch gar nicht können.

Der feste Freie
Die Zusammenarbeit von Designbüros und Werbeagenturen mit selbstständigen Designern sieht auf den ersten Blick nach einer feinen Sache aus. Man arbeitet unter Kollegen, beiden Seiten ist geholfen. Gerade für Berufsanfänger mit einem noch kleinen Kundenstamm ist es häufig attraktiv, als sogenannter »fester Freier«, also als freier Mitarbeiter, für eine Werbeagentur tätig zu sein. Man muss sich weder mit ungeliebter Akquisition noch direktem Kundenkontakt abmühen, außerdem kommen die Aufträge und deren Vergütung mehr oder weniger regelmäßig.
Auch für die Inhaber von Designbüros und Werbeagenturen sind freie Mitarbeiter attraktiv. Sie helfen, Auftragsspitzen zu bewältigen, oder können mit ihrem speziellen Know-how in einem selten benötigten Teilbereich weiterhelfen. Ist die Zusammenarbeit auf einen längeren Zeitraum angelegt, kann sie jedoch problematisch werden.

Als ob selbst und ständig?
Den »festen Freien« gibt es im rechtlichen Sinne nicht. Designer denken bei der beliebten Formulierung an eine formal freie, aber de facto wie bei Angestellten ausgeführte und bezahlte Tätigkeit. Juristen denken bei dieser Formulierung eher an den klassischen Scheinselbstständigen: Die Beschäftigung von »festen Freien« ist rechtlich bedenklich, da der Arbeitgeber im Falle einer Prüfung Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen muss, im Extremfall wird er sogar strafrechtlich belangt. Eine Scheinselbstständigkeit liegt nahe, wenn mindestens drei der folgenden Kriterien erfüllt sind:

  • Fünf Sechstel des Umsatzes oder der Arbeitszeit werden für nur einen Auftraggeber erbracht.
  • Der Auftraggeber lässt vergleichbare Arbeiten regelmäßig durch eigene Angestellten erledigen.
  • Beim Auftragnehmer sind keine »unternehmertypischen« Merkmale erkennbar, also keine Eigenwerbung, kein regelmäßiger Bürobetrieb in eigenen Räumen und mit eigener Technik etc.
  • Der freie Mitarbeiter ist als Einzelkämpfer tätig, hat selbst also keine versicherungspflichtigen Arbeitnehmer.
  • Das Ausüben der gleichen Tätigkeit für einen Auftraggeber, bei dem man zuvor angestellt war.

Weitere Anhaltspunkte für eine Scheinselbstständigkeit sind die regelmäßige und zeitlich abgestimmte Anwesenheit beim Auftraggeber über einen längeren Zeitraum, die Mitwirkung an mehreren zeitgleich ablaufenden Projekte, ein eigener Büroschlüssel und das ausschließliche Nutzen der beim Auftraggeber vorhandenen Technik.

Es gibt noch eine verwandte, rechtlich unbedenkliche Form, der Status als »Arbeitnehmerähnlicher Selbstständiger«, die sich heute noch im Namen des Berufsverbandes AGD spiegelt: Sie wurde als Arbeitsgemeinschaft arbeitnehmerähnlicher Grafik Designer gegründet. Diese erfüllen durchaus mehrere der o. g. Merkmale, zahlen aber Ihre Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung in voller Höhe selbst ein. Sinnvolle und attraktive Ausnahmen gibt es für Berufsstarter innerhalb der ersten drei Jahre und Kollegen die älter als 58 sind – hier lohnt sich eine vertiefende Information beider Seiten.
Am Besten und Sichersten ist es für beide Seiten natürlich, wenn sie ihre Zusammenarbeit mit einen ordnungsgemäßen Werkvertrag regeln.

Wer alles gibt, hat nichts
Der zweite juristische Aspekt betrifft die Urheber- und Nutzungsrechte. Werbeagenturen fordern von ihren Auftragnehmern gerne sämtliche Urheberrechte ein, was mangelnde Fachkunde dokumentiert, weil die Urheberrechte in Deutschland nicht veräußerbar sind. Gemeint sind wohl die ausschließlichen Nutzungsrechte, denn wenn eine Agentur Designleistungen einkauft, dann um sie ihren Kunden weiterzuveräußern – sonst macht die Beschäftigung eines externen Designers keinen Sinn.
Das hat für die Agentur noch einen Vorteil denn »ausschließlich« bedeutet, dass der Auftragnehmer seine eigenen Arbeiten ohne die Genehmigung durch die Agentur nicht für seine Eigenwerbung nutzen darf. Und Agenturen und Designbüros haben selten ein Interesse daran, dass ihre Kunden erfahren, wer das Design wirklich gemacht hat. Aus diesem Grund kann es für einen Auftraggeber sinnvoll sein, sich zusätzlich vom Auftragnehmer von etwaigen Namensnennungspflichten entbinden zu lassen.

Leistung muss sich wieder lohnen
Das Ziel der Beschäftigung eines externen Designers, der Weiterverkauf seiner Arbeiten an Kunden, macht nur Sinn wenn ein Gewinn erzielt wird. Der freie Designer muss daher mit deutlich geringeren Stundensätzen kalkulieren, als wenn er für einen Endkunden arbeitet. Bei der Arbeit in den Räumen und mit der Technik des Auftraggebers ist das zwar begründbar, dennoch müssen die Einnahmen des freien Designers so kalkuliert werden, dass sein Bürobetrieb mitfinanziert wird. Pauschale Stundensätze lassen sich hier nicht nennen, die individuellen Umstände sind auf beiden Seiten zu unterschiedlich.
Normalerweise ist die Zusammenarbeit eines Designbüros mit einem externen Designer befristet. Wird sie dauerhafter, kann ein Grund sein, dass ein freier Mitarbeiter unproblematischer als ein angestellter ist. Zum einen sind die Ausgaben wegen entfallender Sozialabgaben niedriger, zum anderen gilt das Arbeitsrecht nicht. Fällt ein Kunde aus, oder gibt es finanzielle Rückgänge, lässt sich die Zusammenarbeit mit einem freien Kollegen in der Regel leichter beenden als mit einem Angestellten. Daher sollten sich Selbstständige niemals auf ihrem Status als feste Freie ausruhen, sondern zeitgleich eigene Endkunden akquirieren.
Wenden wir uns zum Schluss einer Eigenart unserer Branche zu, dass viele Agenturen erst dann die Rechnung freier Mitarbeiter begleichen, wenn die Endkunden gezahlt haben. Da Werbeagenturen ihre Rechnung oft erst stellen, wenn ein Projekt endgültig komplett abgeschlossen ist, kann es einige Monate dauern, bis die Freien ihre Vergütung erhalten. Wir können bei großen und langwierigen Aufträgen nur dazu raten, Abschläge zu vereinbaren, die bei Erbringen bestimmter Leistungen oder zu einem definierten Zeitpunkt gezahlt werden.

 

Hier finden Sie alle bisherigen Teile unserer Berufspraxis-Kolumne

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